Ein Parson Russell Terrier wird Filmstar!

Kalle mit Katharina SchubertAm 14. Oktober 2006 startet die neue ZDF-Serie „Da kommt Kalle“ in der Hauptrolle mit Parson Russell Terrier Kalle.

Schon ein Jahr vor Beginn der Dreharbeiten im Juli 2004 wurde der tierische Hauptdarsteller gesucht und gecastet. Ich, als verantwortliche Filmtiertrainerin, hatte die schwierige Aufgabe nach drei gleichaussehenden und talentierten Terriern Ausschau zu halten. Überall wo ich anfragte bekam ich die gleiche Antwort: „Drei gleichaussehende Parson Russell Terrier? Vergessen Sie es.“ Ich konnte es aber nicht vergessen und ich blieb dran.

Endlich dann im September 2004 fand ich den ersten Hund. Auf der Internetseite des Schweizer Parson Russell Terrier Forums fand ich ihn unter der Rubrik Hunde zu vermitteln. Optisch war er genau das was wir uns vorstellten. Wenn er auch noch vom Charakter und Wesen her passte brauchte ich also nur noch zwei Hunde!!!! Toby zog im Oktober bei uns auf der Filmtierranch ein. Mit ihm, als optische Vorgabe, setzte ich meine Boomer mit HandschellenSuche fort. Dafür besuchte ich Ausstellungen und Hundesportveranstaltungen, recherchierte im Internet etc., um wieder neue Züchter- und Besitzeradressen zu bekommen. Ich ermittelte in ganz Westeuropa. Gefunden habe ich unseren zweiten Hund dann jedoch ganz in unserer Nähe. „Brad Pitt vom Mahdenwald“ genannt Boomer, der bei seiner Züchterin in Stuttgart lebt.

Nun konnte ich mit einem Probetraining beginnen. Ich setzte mir eine Frist von 14 Tagen, in denen ich erkennen wollte, ob sich diese beiden Hunde für die Filmarbeit eignen würden. Nach diesem Versuch war klar, Boomer und Toby hatten den Job.

Wir hatten nun zwei talentierte Hunde, 12 Drehbücher und nur noch fünf Monate Trainingszeit.

Schon sehr bald stellte sich heraus, dass Boomer unser Haupthund werden würde. Er ist ein richtiger Arbeitshund, Kalle mit Julius Römergut erzogen, sehr spiel- und fressmotiviert und für alles offen. Auch Toby ist sehr verspielt, für Futter jedoch nicht ganz so schnell zu haben. Toby ist sehr intelligent und besitzt eine schnelle Auffassungsgabe. Leider wird ihm gerade aus diesem Grund schnell langweilig. Er kann sich nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren sondern interessiert sich dann für tausend andere Sachen um sich herum. Für einen Zweithund ist das noch in Ordnung, für einen Haupthund jedoch zu riskant. Denn auch beim Film gilt der Spruch Zeit ist Geld. Da braucht man einen Hund, der auf Anhieb weiß was er zu tun hat, und sich davon auch nicht abbringen lässt, egal was um ihn herum passiert.

Dazu sollte ich vielleicht noch erklären, dass es beim Film immer einen Haupthund gibt der mindestens 95 % der Anforderungen am Drehort erfüllt. Der Zweithund ist dafür da, um den Haupthund zu entlasten wenn dies notwendig sein sollte. Auf einen dritten Hund verzichteten wir im Moment. Der würde erst wichtig werden wenn nach 12 ausgestrahlten Folgen feststand das es weiter ging, wenn also die hochgepriesenen Quoten stimmten und das Publikum diese Serie auch weiterhin sehen möchte. Außerdem wollte ich mir wenigstens einen Hund von Welpen an aufziehen. Da passte es ganz gut, dass Frau Beck bald einen Wurf haben würde und wenn wir Glück hatten würde ein gleichaussehender Rüde fallen. So war es dann auch „Kalle“ erblickte das Licht der Welt am 01.04.05.

Toby mit Schweinchen CookieEs waren Anforderungen wie Handtaschen klauen, Pistazienschalen mit der Schnauze in zwei Häufchen schieben, mit einem Schweinchen aus einem Napf fressen, immer wieder den Nachbarshund ärgern, im Auto mitfahren, in die Arme springen, aus dem Autofenster springen, jemanden in den Rücken springen und sich in der Kapuze verbeißen und vieles mehr.

Schritt für Schritt brachten ich und meine Assistentin Uschi den Hunden alles bei. Jede Szene übten wir mit den Hunden ein. Es sollte sich bei den Dreharbeiten herausstellen das Boomer seine Sache so gut machte das Toby so gut wie „arbeitslos“ war!!  Ca. 6 Wochen vor Drehbeginn kamen die Hauptdarsteller aus allen Richtungen angefahren und geflogen um den Hund in privater Atmosphäre kennen zu lernen. Mit ihnen zu spielen, Gassi zu gehen, sie zu füttern und zu trainieren. Meine Vorstellung war einfach, dass die Hunde die Darsteller wie Familienmitglieder akzeptierten und die Darsteller wussten wie man mit den Hunden umzugehen hatte, auf welche Kommandos sie hörten und wann man sie belohnen sollte.

Boomer im Flensburger HafenVier Wochen vor Drehbeginn machten wir uns dann auf dem Weg. Von Wang bei München nach Hamburg und Flensburg wo die Dreharbeiten statt fanden.

Für uns wurde extra ein möbliertes Haus mit eingezäuntem Garten am Land angemietet. Die Hunde sollten sich wie zu hause und sehr wohl fühlen. Auch klein Kalle nahmen wir mit, er sollte einfach von Anfang an das Filmleben kennen lernen.

Wir besuchten vor Drehbeginn alle Drehorte an denen die Hunde zum Einsatz kommen sollten. Meine Aufgabe war zu kontrollieren ob die Drehorte hundegerecht gestaltet waren und sie sich dort beim drehen auch wirklich wohl fühlen können.

Dann kam der erste Drehtag, jetzt musste sich beweisen ob Boomer und Toby wirklich etwas gelernt hatten und den Anforderungen des Drehbuches stand halten konnten. Aber wie es sich für einen echten Terrier gehörte, enttäuschten sie uns in keinster Weise. Sie waren immer voll motiviert und spielten mit Leidenschaft Ihr neues Spiel vor der Kamera. Boomer wurde von Tag zu Tag besser und bald konnte man ihn kaum noch halten, wenn es Richtung Filmset ging. Die Schauspieler liebten die Hunde und freuten sich mit ihnen zusammen zu arbeiten.

Kalle beim DrehToby konnte man für die Außenaufnahmen selten einsetzen weil er sich halt sehr schnell ablenken ließ, aber für so manche Innenaufnahme wo es darum ging auf Kommando zu schlafen oder einfach nur relaxt da zu liegen war auch er spitze und eine echte Bereicherung für die Dreharbeiten. In einer Folge sollte der Kalle immer mit einem Gummihuhn spielen dieses herumtragen und an den unmöglichsten Orten  verstecken. Da schlug auch Tobys Stunde, das war echt sein Part und er ging in dem Spiel mit dem Gummihuhn auf . So war er doch nicht ganz arbeitslos und vergebens als Filmhund vorbereitet worden. Auch klein Kalle durfte mal in der Ferne durch das Bild laufen, jeder fängt halt mal klein an. Auch möchte ich hier noch erwähnen das Toby dafür der bessere Fotohund war, also immer wenn ein Fotoshooting im Studio angesagt war, konnten wir auf Toby zählen, das gefiel ihm total.

Wir alle waren wirklich begeistert von der Leistung der Hunde. Wann immer sie auch am Set waren sie verbreiteten immer gute Laune, keiner konnte sich den kleinen frechen Kerlen entziehen und sie waren sToby mit Max Landgrebechon nach kurzer Drehzeit voll akzeptierte Teamkollegen und erstklassige vierbeinige Schauspieler. Keine Wiederholung, aus welchen Grund auch immer konnte sie aus der Ruhe bringen, sie machten das was sie gelernt hatten voller Eifer und Hingabe.

Hätte man mich noch vor 2 Jahren gefragt, ob ich mir vorstellen kann, eine ganze Serie mit Terriern in der Hauptrolle zu realisieren, ich hätte absolut verneint und den Job abgelehnt.

Für mich waren Terrier immer sture, eigensinnige, dominante und jagdlich stark motivierte Hunde, die beharrlich ihren eigenen Interessen nachgehen.

Heute, nach dem langen, intensiven Zusammenleben, und -arbeiten mit diesen Hunden, habe ich meine Meinung total geändert. Alle Eigenschaften, die ich vorher noch als Schwäche gesehen habe, sehe ich inzwischen als absolutes Plus dieser Rasse an. Man muss nur wissen, wie man mit diesen Eigenschaften um zu gehen hat und wie man sie bestmöglichst einsetzt.

Kalle in seinem Set-StuhlJetzt nach den Dreharbeiten ist Boomer wieder zuhause in Stuttgart, besucht mich aber immer wieder und macht „Urlaub“ bei mir, Toby und Kalle sind meine Hunde und halten mich richtig auf Trab, tägliches Radfahren, schwimmen gehen und immer wieder neue geistige Beschäftigung sind ihre und meine Hobbys und ich möchte sie alle drei in meinem Leben nicht mehr missen. Ich danke meinen „drei Kalles„ für die wunderschöne Zeit in Hamburg und hoffe, dass wir diese mal wieder erleben dürfen. Aber das entscheidet ja letztendlich der Zuschauer. Mal sehen ob ihm das gefällt was wir da oben so fabriziert haben.

Liebe Grüße und ein großes Dankeschön an alle, die mir bei der Suche dieser wunderbaren und liebenswerten Hunde geholfen haben.

NS.: An alle die es interessiert, ich habe die Trainingsarbeiten und die Arbeit am Set mit gedreht und im Herbst kommt eine DVD mit dem Namen „Kalles Weg zum Film“ heraus. Für alle die mal sehen wollen wie ein Filmtiertrainer und seine Hunde arbeiten. Näheres dann auf meiner HP www.filmtierranch.de

Text: Renate Hiltl